Heute haben wir mal etwas ganz besonderes ausgegraben – ganz tief aus der Geschichte der Bandwirkerei … Mit Kamera und Filmkamera ausgerüstet war ich heute im Remscheid-Lüttringhauser Rathaus. Dort gibt es eine Bandwirkerstube und hier steht tatsächlich noch ein richtiger, alter Bandstuhl wie ihn früher Bandwirkereien und vor allem Hausbandweber benutzt haben. Aber der Reihe nach …
Besagter Bandstuhl ist circa 80 bis 90 Jahre alt und gehört dem Heimatbund Lüttringhausen. Leider funktionierte er seit einiger Zeit nicht mehr. Darum wurde jemand gesucht, der das historische Schätzchen wieder zum Laufen bringt. Auf Anfrage bei Halbach Seidenbänder wurde der ehemaligen Leiter der Weberei vermittelt, der inzwischen ein rüstiges Rentnerdasein führt. Ernst Köser hat an mehreren Tagen, in Kooperation und mit der technischen und materiellen Unterstützung von Halbach den Bandstuhl wieder zum Laufen gebracht. Weil die Maschine in der Bandwirkerstube mehr steht als läuft, waren einige Teile spröde geworden und Fäden gerissen oder vertüddelt – für den Fachmann aber eine lösbare Aufgabe.
Früher wurden auf solchen Bandstühlen Bänder in unterschiedlichen Breiten und Qualitäten gewebt. Genau wie heute, nur dass das historische Gerät pro Gang (eine Maschine hat immer mehrere Gänge, dass heißt Bänder, die gleichzeitig gewebt werden) maximal bis zu 200 Meter am Tag produziert. Muster wurden über Lochscheiben gesteuert. Heutige Maschinen dagegen produzieren täglich bis zu 2000 Meter. Dessins und feinste Musterungen werden über Computersteuerung gewirkt. Logisch, dass die alten Maschinen nicht mehr profitabel sind.
Solche Bandstühle gehörten früher in vielen Familien zum alltäglichen Leben. Man verdiente sich mit Lohnarbeit etwas dazu. Sogenannte Hausbandweber hatten einen oder mehrere Bandstühle im Keller oder im sogenannten Shed (Schuppen) stehen und webten im Auftrag von größeren Firmen Kranz- und Dekorationsbänder. Die Maschinen und Räumlichkeiten gehörten im Allgemeinen den Hausbandwebern, Materialien zum Weben wurden von den Firmen gestellt. Bezahlt wurde per 100 Meter fertigen Bandes. Dieses, vor allem im Bergischen früher weit verbreitete Gewerbe ist heute allerdings fast ausgestorben.
Auch der inzwischen 66 Jahre alte Ernst Köser kann sich noch erinnern, wie Großvater und Vater im eigenen Shed zwölf Stunden am Tag als Hausbandweber gearbeitet haben. „Samstagmittag um 14.00 Uhr deckte die Mutter die Maschinen mit weißen Tüchern zu, dann war Wochenende“, erinnert sich Ernst Köser. „Als Kinder haben wir im Betrieb Verstecken gespielt und auf den Maschinen gesessen, während wir unserem Großvater bei der Arbeit zusahen.“ ergänzt Brigitte Halbach.
Außer dem Bandstuhl sind in der Bandwirkerstube eine historische Spulmaschine, zum Umrollen der Fäden auf kleine Spulen, die dann in der Maschine als Schussfaden verwendet wurden, ausgestellt. Aufzeichnungen über aufwendige Webmuster kann man in historischen Büchern entdecken.
Für alle, die noch mehr über das alte Handwerk der Bandwirkerei wissen möchten, lohnt sich ein Besuch im Bandwirker-Museum in Wuppertal Ronsdorf.